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Kapitel 50 - die Wunden versorgen

  Ein weiterer Tag neigt sich dem Ende zu, als der Elf endlich beschlie?t Rast einzulegen. Vollkommen entkr?ftet sackt Rhiscea in das bunte Laub zu ihren Fü?en.

  Die heutige Wanderung war fast noch schlimmer gewesen, als die gestrige, falls so etwas überhaupt m?glich ist. Jeder ihrer Muskeln schmerzt und ziept und ihre Sohlen spürt Rhea auch schon lange nicht mehr. W?hrend sie sich die Waden massiert, f?llt ihr Blick auf den neben ihr hockenden Hybriden.

  Ihm scheint der Fu?marsch überhaupt nichts auszumachen. Kein einziges Mal ist er w?hrend des Tages langsamer geworden und auch jetzt scheint er in keinster Weise angestrengt. Diese Art von Ausdauer kann wohl nur jemand aufbauen, der drei Jahre lang zu Fu? auf der Flucht vor dem gesamten Reich war, schlussfolgert sie.

  Der Elf hat mittlerweile seinen improvisierten Rucksack auf dem Boden neben sich abgelegt und kramt darin herum. Als dieses Mal das Br?tchen auf Rhea zufliegt, ist sie deutlich gegenw?rtiger und schafft es sogar, ihr Abendessen aufzufangen.

  Etwas traurig sieht sie auf das mittlerweile trockene Geb?ck in ihrer Hand hinunter. Nur drei kleine Brote am Tag machen die Wanderungen ebenfalls nicht angenehmer.

  Auch für sich nimmt der Elf ein Geb?cksstück heraus, doch anstatt es gleich zu essen, wie Rhiscea es vorzieht, legt er es neben sich ab und verschwindet dann zwischen den B?umen. Rhea denkt nicht viel darüber nach und will seinen Ausflug als dr?ngende Gesch?fte abtun, ?ndert ihre Meinung jedoch, als er kurze Zeit sp?ter wieder mit einem Arm voll Zweige auftaucht. Unachtsam wirft er das Geh?lz auf den Boden und kniet sich dann daneben, um eine Mulde in der Erde zu scharren. Erst als er ein Stück Zunder und einen Feuerstein herausholt, begreift sie, was er vor hat.

  Sie beobachtet gespannt wie er beginnt, ein scharfes Stück Metall an dem Feuerstein und dem Pilz zu schlagen und bereits nach kurzer Zeit legt er die Werkzeuge weg, um sich der sp?rlichen Glut am Zunder zu widmen. Rhiscea beschlie?t, dass ihr Br?tchen doch interessanter ist und gibt sich wieder ganz und gar ihrem Abendessen hin. Als sie gerade dabei ist, die letzten Krümel zu verputzen, knistert in der Grube bereits ein kleines Feuer und der Elf ist dabei, ein bescheidenes H?ufchen an Pilzen zu s?ubern und in den über dem Feuer geh?ngten Topf zu werfen.

  Die Sonne ist bereits fast vollst?ndig untergegangen und so tauch das wenige Licht, welches durch die Baumkronen bis zum Waldboden kommt, die Gestalt des Elfen in rote und orangene T?ne. Die Farben und Schatten scheinen das Blaugrün seiner Haut auszul?schen und lassen seine Risse für diesen einen Moment beinahe menschlich wirken.

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  Er scheint tief in Gedanken versunken zu sein. über was, kann Rhea nicht genau sagen, seine Miene gibt keine Emotionen preis, aber an seiner Haltung kann sie erkennen, dass er entspannt ist. Zumindest deutlich entspannter als er es noch gestern war. Rhea gewinnt immer mehr den Eindruck, dass er ruhiger wird, je tiefer sie in den Wald kommen. Seine Haltung ist mit dem Fortschritt der Reise zunehmend aufrechter und seine Bewegungen flie?ender geworden. Er scheint sich zwischen den uralten B?umen und dem dichten Gestrüpp wohl zu fühlen.

  Als er einen Arm hebt, um die letzte Handvoll Pilze in das kochende Gebr?u zu werfen bemerkt Rhea den dunklen, breiten Streifen um sein Handgelenk. Eine Narbe. Die Wunde ist bereits seit Wochen verheilt aber die Spuren ihrer Dornen sind noch deutlich zu sehen. Ihre Augen wandern von seiner Hand hoch zu seinem Kinn und Hals und auch dort findet sie Flecken. Manche sind Narben wie die an seinem Handgelen, andere scheine nur Blutergüsse zu sein. An einer Stelle kleben sogar noch geronnene Blutreste. Die dunkeln Sprenkel werden an seinem Kinn dichter und skizzieren dort die Form eines Handabdruckes. Ihren Handabdruck.

  Ob es wohl noch weh tut wenn er den Kopf dreht?

  Für einen kurzen Moment glaubt sie, einen leichten Hauch von Mitleid und Reue zu verspüren, doch die Gefühle werden mit der n?chsten Brise weggeweht, welche raschelnd durch die Bl?tter der B?umen f?hrt.

  Erst jetzt bemerkt sie, dass der Elf ihren Blick erwidert. Für einen Atemzug sieht sie ihm in die Augen und glaubt darin müde, kraftlose Wut zu sehen, dann wendet er sich ab und steht auf. Rhea sieht ihm nach, w?hrend er zu einem der ?lteren B?ume tritt und mit einem Stock etwas Baumharz abkratzt. Als er sich mit seinem Fang wieder zum Feuer setzt, wendet er ihr den Rücken zu.

  Vorsichtig, streckt er mit einer Hand seinen aufgeschnittene Flügel auseinander und streicht mit der anderen das Harz auf die zerrissene Stelle. Rhiscea kann seine Gesichtszüge von hinten nicht sehen aber das Zucken, das jedes Mal durch seinen K?rper geht wenn er die Wunde berührt, genauso wie das scharfe Einatmen, zeugen davon, dass es kein angenehmer Prozess sein kann. Dennoch verteilt er weiter sorgf?ltig die klebrige Masse über seine Flugmembran.

  Rhiscea erinnet sich, wie sie den Elfen ausgelacht hat, nachdem er sich gestreckt und dabei die alte Wunde an seinem Flügel aufgerissen hat. Der Schmerz, die Trauer und Wut in seinem Blick scheinen ihr pl?tzlich noch viel realer als gestern und zu einem kleinen Teil glaub sie diese auch nachempfinden zu k?nnen.

  Dennoch kommen ihr seine Bemühungen kl?glich vor. Denkt er wirklich, dass er einfach seinen Flügel zusammenkleben und dann wieder fliegen kann? Ist so etwas m?glich? Sie zweifelt daran. Viel mehr scheint ihr der Akt wie der verzweifelte letzte Versuch, etwas zu retten, das sich nicht mehr reparieren l?sst.

  N?chstes Kapitel: 08.04. ...Kopf

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