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Kapitel 0 - Der geflügelte Schatten

  Das Blut unter ihren Stiefeln versickert im kiesigen Boden. Sie beugt sich über den toten Ritter, um die Wunde an seiner Kehle zu betrachten.

  Der Schnitt ist tief und durchtrennt unsauber die Halsschlagader. Was auch immer diesen Schaden angerichtet hat, muss entweder vergleichsweise scharfe Krallen oder ein relativ stumpfes Messer benutzt haben.

  Die Fürstin und ihre Geschworenen sind nur wenig sp?ter als die Stadtgarde eingetroffen ,aber auch in der kurzen Zeit hat es das Monster geschafft, mit drei bewaffneten Rittern fertig zu werden.

  Es ist schon fast drei Jahre her, seit sie einem derart brutalen Hybriden begegnet ist. Damals war es ein menschenfressender Zentaur, der die Stadt in Angst und Schrecken versetzt hat. Seitdem hatte sie es nur noch mit einzelnen Vampiren oder kleineren, ungef?hrlicheren Mensch-Tier-Hybriden zu tun gehabt. Doch um was für ein Wesen es sich heute handelt, kann sie noch nicht mit Sicherheit feststellen.

  “Die Anwohner des Hofes sagen, dass sie bei Sonnenuntergang etwas auf dem Dachboden der Scheune geh?rt haben. Es hat sich nach mehr als nur Ratten oder Flederm?usen angeh?rt und weil sie ja so nahe an der Grenze zum Karkovschen Wald wohnen, habe sie beschlossen, lieber die Garde zu alarmieren.”, erkl?rt Viktor, der gerade das gegenüberliegende Haus verl?sst.

  “Der Bauer tat gut daran, auf sein Bauchgefühl zu h?ren. Sie h?tten keine Chance gehabt gegen so etwas”, erg?nzt Sith, der dicht hinter seinem jüngeren Bruder durch die Tür tritt und sie hinter sich schlie?t.

  Die Bewohner des Hofes scheinen es vorzuziehen, im Haus zu bleiben. Eine vernünftige Wahl, wie die Fürstin findet.

  Sie blickt die in Dunkelheit gehüllte, klapprige Scheune an. Der Schuppen verbreitet auch so schon eine düstere Atmosph?re, doch das Wissen, dass sich darin ein kampfbereites Untier verstecken k?nnte, l?sst den Ort nur noch weniger einladend wirken.

  Es w?re wahrscheinlich ungeschickt, sich alleine in die Scheune zu begeben, überlegt die Fürstin, w?hrend sie mit langsamem Schritt die Baracke umkreist. Sie sieht keine Fenster, bis auf zwei runde, mit einigen dünnen Brettern versperrte ?ffnungen im Dachgiebel. Die Dunkelheit im Inneren k?nnte ihr zum Verh?ngnis werden, vor allem falls das Wesen, dem sie auf der Spur ist, bessere Nachtsicht besitzt als sie.

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  “Wir k?nnten den Schuppen anzünden”, schl?gt Malo mit einem gleichgültigen Schulterzucken vor, als sie zu der kleinen Gruppe an Rittern zurückkehrt.

  Die Fürstin hebt eine Augenbraue und will den Hünen gerade zurechtweisen, als sie ein Knarzen hinter sich innehalten l?sst. Auch ihre Geschworenen scheinen das Ger?usch bemerkt zu haben, denn sie tauschen untereinander schnell einige besorgte Blicke aus.

  Einen Moment lang ist es vollkommen still, dann ert?nt pl?tzlich das Krachen und Splittern von Holz aus der anderen Seite des Schuppens.

  Es versucht zu fliehen, schie?t es der Fürstin durch den Kopf und in dem Moment trifft sie eine Entscheidung. Mit einer hastigen Bewegung zieht sie ihr Schwert und stürzt sich durch das Tor in die Scheune. Bevor die Türflügel hinter ihr zufallen, bellt sie noch einen Befehl:

  “Umstellt das Geb?ude!”

  Dann ist sie auch schon im Inneren des Schuppens verschwunden. Wie erwartet ist drinnen kaum etwas zu sehen und so braucht die Fürstin einen Moment, bis sie die Umrisse ihrer Umgebung erkennen kann. Das Splittern ert?nt erneut und diesmal scheint es von oben zu kommen. Sie dreht den Kopf in Richtung des Lautes und erblickt an der Wand eine Leiter. Kurz z?gert die Frau, doch als das Krachen ein drittes Mal durch die Scheune schallt, greift sie doch danach und schwingt sich auf das knarzende Holz.

  Die Fürstin braucht die Kreatur nicht lange zu suchen, denn sobald sie sich an der letzten Sprosse hochzieht, kann die Frau bereits die schemenhaften Umrisse des Wesens erkennen. Eine hagere, menschliche Gestalt hockt vor dem runden Fenster und bricht gerade die letzten Holzstücke ab, welche die ?ffnung blockieren.

  Mit einem Ruck dreht sich der Kopf des Wesens in ihre Richtung und für einen Moment l?sst das sp?rliche Mondlicht zwei helle Augen in der Dunkelheit aufblitzen. Der Rest der Kreatur bleibt in Schatten gehüllt, nur die gebückten, animalischen Bewegungen lassen den Charakter erahnen.

  Dieser schaurige Anblick dauert jedoch nur einen Augenblick, dann wendet sich die Gestalt auch schon ab, kriecht durch das nun offene Fenster und springt.

  Die Fürstin überquert schnell den Rest der Scheune, doch sie erreicht die ?ffnung erst, als das Monster sich bereits mit zwei gewaltigen Flügeln in die Lüfte schwingt.

  Sie beugt sich weiter aus dem Fenster heraus, als wollte sie nach dem Wesen greifen und es zurückziehen, doch sie wei?, dass es zu sp?t ist. Die geflügelte Kreatur ist bereits viel zu weit weg.

  Etwas, das sie einen Moment sp?ter als Pfeil identifizieren kann, zischt bemitleidenswert nahe an dem Hybriden vorbei.

  Den Blick von dem Monster abwendend sieht die Fürstin nach unten, wo sich ihre Geschworenen tummeln. Viktor l?dt seine Armbrust gerade ein zweites Mal und Sith kommt mit der Pistole in der Hand von der anderen Seite der Scheune angelaufen. Ein Schuss ert?nt, doch das Monster ist bereits au?erhalb der Reichweite der Waffe. Nur noch ein dunkler Fleck zeichnet sich in weiter Ferne über den Wipfeln des Karkovschen Waldes ab.

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