Alina trug eine Tasche in den Pfoten und Thian auf ihrem Nacken, ein Arzt aus H?hental, der schon l?nger zu der Gruppe aus der Singbucht geh?rte. Sie warf einen letzten Blick zurück auf das Krankenlager, um sich zu vergewissern, dass Gilwa ihr nicht folgte. Er hatte darauf bestanden, doch Juna hatte ihn schnell gegriffen und weggetragen.
Sie sauste mit ihren letzten Wasserreserven zum Fluss und als Alina den Boden anflog, war die Gruppe um Elyon gr??er geworden. Die W?chter Senan und Cassia standen dort und nicht weit von ihnen, ihre kreischenden V?gel, die sie an einem Felsen gebunden hatten. Beide Feuerv?gel lie?en in ihrem Gezeter die Drachen nicht aus den Augen.
Sie senkte schnell den Kopf, sobald sie gelandet war und Thian sprang ab und eilte zu Elyon, w?hrend Alina ihm seine Tasche im Maul hinterhertrug.
?Wer hier hatte schon Erfahrung mit Amputationen??, fragte der blonde Mann, dem bereits der Schwei? von den Schl?fen rann.
?Ich?, sagte Lenius.
Auch Cassia trat vor und kniete sich vor dem blutigen K?rper. Der Arzt nickte, griff nach Tüchern und einer Flasche und ein paar Lederb?ndern in der Tasche. Alina wandte ihren Blick ab.
Sie konnte schwere Verletzungen ertragen. Davon hatte sie genug auf dem Reiterhof ihrer Eltern gesehen. Doch der Anblick von Elyons mit Blut bedecktem K?rper, war zu viel für Alina. Und sie hatte noch nie eine Amputation miterlebt.
?Lenius, schneid da mit deiner Kralle hinein, wir müssen den Rest des Unterarms abtrennen.?
Alina schluckte schwer, dann suchten ihre Augen nach etwas, mit dem sie sich ablenken konnte. Sie landeten auf Dilek, der mit Nevin etwas abseits stand und in die Ferne starrte. Nevin verfolgte mit von Falten gezeichneter Stirn Elyons Operation.
?Nevin. Schlechte Nachrichten. Idris und Finan kommen gerade angeritten.?
Etwa fünfzig Flugl?ngen entfernt, kamen zwei schwarze Pferde angeritten. Auf ihnen sa?en die gleichen jungen M?nner mit langen Haaren, die Alina beim letzten Treffen mit dem Kaiser gesehen hatte. Sie trugen lange, purpurfarbene Umh?nge und schimmernde, goldene Hemden.
Der Kleinere von ihnen, trug einen besorgten Gesichtsausdruck, w?hrend der ?ltere tiefe Furchen zwischen den Augenbrauen hatte.
?Nicht jetzt?, seufzte Nevin und ging ihnen entgegen. Dilek folgte ihm. Da die anderen Drachen um Elyon standen und nichts von den neuen Ank?mmlingen bemerkt hatten, lief Alina den beiden hinterher und senkte ihren Kopf.
?Soll ich euch hinbringen??
Nevin nickte dankbar und beide jungen M?nner kletterten auf ihren Nacken. Sie lief den Reitern entgegen und hielt sie so davon ab, Elyon zu nahezukommen. Zum Glück verbarg das hohe Gras das Geschehen hinter ihnen. Alina senkte ihren Kopf, w?hrend Nevins Brüder ihre Pferde zum Stehen brachten.
?Ihr kommt zu einem schlechten Zeitpunkt. Elyon wird verarztet?, erkl?rte Nevin mit ruhiger Stimme, doch er verengte seine Augen und fixierte seinen ?lteren Bruder.
?Ist sie bei Bewusstsein??, fragte dieser.
?Idris, reite zurück. Der Anblick ist nicht gerade angenehm. Sag Vater, dass ich im Moment besch?ftigt bin.?
Hinter Idris, schüttelte Finan eifrig den Kopf, was Nevin mit einem leichten Nicken anerkannte.
?Du hast keine Wahl. Du sollst so schnell wie m?glich mitkommen?, erkl?rte Idris. ?Vater will wissen, was der Tod des Urdrachens bei dir bewirkt hat.? Idris warf einen betonten Blick zu Alina, die sofort den Kopf senkte.
Scheinbar hatte es nicht viel bewirkt, jetzt wo Alina darüber nachdachte. Sollte der Fluch mit dem Erlegen des Urdrachens nicht eigentlich vorbei sein? Oder dauerte es einfach, bis der Fluch verschwand? Wie eine Krankheit, die man auskurieren musste?
?Dann sag Vater, dass er noch warten muss. Ich komme, sobald ich sicher bin, dass Elyon über den Berg ist?, sagte Nevin.
?Von mir aus, aber erst, nachdem wir uns selbst davon überzeugt haben, dass die Prinzessin tats?chlich unp?sslich ist.?
Nevin biss die Z?hne zusammen, dann seufzte er genervt und nickte.
?Alina, bitte laufe vor, um Elyon etwas ... zu bedecken ...?
Sie nickte und galoppierte los.
?Lenius!?, rief Alina, sobald sie in H?rweite war. Der Arzt war gerade dabei, Elyons Arm zu vern?hen. ?Nevins Brüder sind unterwegs, sie wollen Elyon anschauen.?
Lenius blaue Augen verfinsterten sich und er nickte. Er schnappte sich ein blutgetr?nktes Tuch, gro? genug, um Elyon bis zum Schlüsselbein zu bedecken. ?Das muss reichen, wir haben nichts anderes.?
Alina schluckte. Elyon war immer noch mit rot bemalt, doch es war nun zu einer Kruste getrocknet, die stellenweise abbl?tterte. Immer noch ein gr?ulicher Anblick.
?Lasst hier nochmal etwas Drachenblut flie?en, sicher ist sicher?, sagte Thian und hielt den Stumpf hoch, den er gerade vern?ht hatte.
Einer der Drachen biss sich in die Pfote und folgte dem Rat des Arztes. Gro?e Blutstropfen bedeckten bald den Oberarm.
Alinas Kehle wurde eng. Sie zog ihre rechte Vorderpfote an. Wie lebte man nur mit einer Hand? Vor allem, wenn man wie Elyon eine J?gerin und K?mpferin war??
?Ist sie am Leben??, erklang eine harte Stimme hinter ihr. Es war Idris, der Dilek die Zügel seines Pferdes reichte und direkt auf sie zu stampfte.
Nevin hastete ihm hinterher, mit einem gereiztem Gesichtsausdruck. W?hrenddessen stieg Finan von seinem Pferd ab und führte es etwas n?her an Elyon heran, um alles mit sorgenvollen Augen zu beobachten.
?Hat dich das überzeugt??, fragte Nevin ungeduldig.
Idris' Augen weiteten sich kurz, er erwiderte nichts. Dann r?usperte er sich, nickte und wandte Elyon dem Rücken zu. ?Finan, reite zurück und berichte Vater. Ich bringe Nevin, sobald hier alles beendet ist.?
Finan ?ffnete den Mund, doch dann presste er die Lippen zusammen und warf Nevin einen kurzen Blick zu. Sie tauschten sich mit ihren Augen aus. Was genau, konnte Alina nicht deuten, doch ein kurzer Stich fuhr durch ihre Brust, da dies etwas gewesen war, dass auch Aiven und sie st?ndig getan hatten.
Schlie?lich nickte Finan, stieg auf den schwarzen Hengst und galoppierte davon, w?hrend Iris bei ihnen stehen blieb. Seine braunen Augen und die Falten zwischen seinen Augenbrauen trugen so viel Missmut in sich, dass Alina sich schnell von ihm abwandte und lieber wieder zu Elyon ging, als sich in seiner Gegenwart aufzuhalten.
If you discover this tale on Amazon, be aware that it has been unlawfully taken from Royal Road. Please report it.
?Wir sollten sie in die Hauptstadt bringen, um sie zu behandeln?, murrte Idris.
Alina spitzte die Ohren, ohne ihren Blick von dem blutdurchtr?nktem Gras um Elyon zu l?sen.
?Nein, auf gar keinen Fall. Ich bringe sie an einen sicheren Ort, wo sie sich in Ruhe erholen kann?, sagte Nevin.
?Das w?re der Kaiserpalast, wo sonst sollte sie sich am besten erholen??
Alina konnte es sich doch nicht nehmen lassen, die Brüder zu beobachteten. Beide hatten ihre Arme verschr?nkt. Idris blitzte Nevin wütend an.
Elyon wollte nie in der Gegenwart des Kaisers sein. Erst recht nicht in der Hauptstadt. Hoffentlich schaffte Nevin es, seinen Bruder vom Gegenteil zu überzeugen. Nur, wo sollte man sie hinbringen? Zurück zum Tempel?
Senan, der gerade dabei gewesen war, die Feuerv?gel zu beruhigen, marschierte auf die Prinzen zu.
?Erlaubt mir, mich in das Gespr?ch einzubringen. Prinzessin Elyon ist die rechtm??ige Erbin H?hentals. Sie wird zurück in ihre L?ndereien gebracht und dort von unseren ?rzten versorgt.?
?Ein H?hentaler wagt es, die kaiserlichen Prinzen-?, fing Iris an doch Senan stampfte so fest auf den Boden, dass Idris zurückschrak. Selbst Nevin schritt zur Seite.
?Wir befinden uns hier auf neutralem Boden. Zudem, bedeutete uns der Kaiser und seine Prinzen bedeuten herzlich wenig. Elyon hingegen, geh?rt zu den Nachkommen H?hentals und dorthin wird sie auch zurückgebracht.? Senan schrie nicht, seine Stimme war ruhig, doch ein leises Grollen schwang mit seinen Worten und er war so breit gebaut wie Dilek und ein Kopf gr??er als Idris. Was durch seinen geraden Rücken und ausgestreckter Brust nur betont wurde.
?Wir haben einiges mit der Prinzessin zu besprechen und das hat Vorrang. Die Diskussion ist hiermit beendet.? Senan legte die Hand auf den Schwertgriff an seinem Gürtel.
?Solltet ihr es wagen, die Verlobte meines Bruders-?
Nevin streckte seine Hand vor der Brust seines Bruders aus. ?Senan hat recht. Elyon soll nach H?hental gebracht werden. Mein Bruder ist sicherlich nicht so wahnsinnig, dem uneinnehmbaren Hochtal zu drohen.? Nevin beschwor Idris mit seinen braunen Augen und Alina atmete auf, als der ?lteste Prinz mit aufgebl?hten Nasenh?hlen zurücktrat.
Elyon war sicher. In H?hental würde man sie so schnell wie m?glich auf die Beine bringen. Auch, wenn es nur dafür war, dass sie ihre Rechte an H?hental abgab.
?Das wirst du bereuen, glaube es mir?, zischte Idris, an Nevin gerichtet. Doch dieser lie? seinen Bruder links liegen und steuerte auf den Arzt zu.
Cassia, Lenius und die beiden Drachen gingen gerade zum Flus, um das Blut von sich abzuwaschen. Der Arzt sammelte seine Werkzeuge und Tücher ein.
?Wie geht es ihr??, fragte Nevin. Als er Elyons halben Arm entdeckte, zuckte sein Gesicht, als würde er versuchen, Schmerzen zu verbergen.
?Sie atmet?, begann Thian. ?Ihr Puls ist normal. Das Drachenblut hat zwar nicht so gewirkt, wie wir es gehofft hatten, doch es hat zumindest alle Wunden geschlossen. Die ?tzungen sind gut verheilt, aber es scheinen mehrere Narben übrig geblieben zu sein. Den Arm konnte ich leider nicht mehr retten. Und ihre Augen ... das sollte sich jemand in H?hental noch einmal genauer anschauen.?
Alinas Magen zog sich zusammen. Was war mit ihren Augen geschehen? Alles, was sie sehen konnte, war ger?tete die ger?tete Haut auf ihren Lidern.
Nevin nickte. ?Vielen Dank, Thian. Wirklich.?
Der Arzt schüttelte den Kopf. ?Prinzessin Elyon hat dieses abscheuliche Biest für uns erlegt. Das war das mindeste, was ich tun konnte. Eine Schande, dass sie so viel dabei verloren hat. Aber immerhin, sie ist mit ihrem Leben davongekommen.?
Alinas Ohren zuckten, als sie Lenius' Stimme aufnahm. Er stand noch am Fluss, mit den Pfoten im Wasser, das ihm nicht mal bis zu den Knien seiner Vorderbeine reichte und redete mit Senan.
?Gibt es irgendeine M?glichkeit, Elyon zu begleiten? Es muss nicht ich sein. Vielleicht Alina, sie ist H?hentalerin, war sogar mal eine W?chterin. Ich glaube, es w?re einfacher für Elyon, wenn sie aufwacht. Sie wird ganz sch?n viel zu verdauen haben.?
Alina tapste zu ihnen und Senan traf ihren Blick.
?Bist du Alina??, fragte er.
Sie nickte. ?Ehemalige W?chterin in Ausbildung. Elyon und ich sind Freunde.? Obwohl Alina sich nicht sicher war, ob das M?dchen sie als solche sah. Doch für sie war Elyon auf jeden Fall eine wertvolle Freundin.
?Nun, ich denke, dass mein Vater ein paar mehr ehemalige Bewohner mitbringen wollen wird. Da sollte eine mehr eigentlich kein Problem sein.?
Alina spitzte die Ohren, ihr Herz begann schneller zu schlagen.
Senan l?chelte. ?Die Prinzessin wollte, dass wir Eintrittsrecht für alle erlassen, die zu ihr geh?ren. Ihr scheint ihre Freunde zu sein, sonst w?rt ihr nicht hier. Und ja, wir werden Leute brauchen, die sie beruhigen und ihr alles erkl?ren, sobald sie aufwacht. Wir k?nnen euch beide sicher irgendwie nach H?hental bringen. Aber am besten nicht in eurer Drachenform, wenn es m?glich ist.?
?Vielen Dank!?, sagte Alina.
?Ich bespreche mich kurz mit Cassia, dann müssen wir irgendwie eine Trage bauen, um Elyon sicher nach H?hental zu bringen. Wir treffen uns sp?ter wieder hier.?
?Wir werden auch etwas Kleidung brauchen?, erkl?rte Lenius. ?Ich fliege ins Krankenlager und bringe Gilwa gleich mit.? Er wandte sich an Alina. ?Kannst du hier bleiben und auf Elyon aufpassen??
Sie nickte, dann kehrte Alina zu Elyon zurück und legte sich in ihrer N?he hin. Ein warmes Drücken breitete sich in ihrer Brust aus. Es fühlte sich angenehm und be?ngstigend zugleich an. In der Ferne leuchtete ihr die rote Hochebene entgegen. Ihre Heimat. Sie würde zurück in ihre Heimat kehren. Es war kaum zu glauben.
?Alina??
Sie blinzelte und musste sich dazu zwingen, ihre Augen von H?hental zu l?sen, ehe sie sich Nevin zuwandte. Er hatte seine Lippen zu einem dünnen Strich gezogen und trug Sorgenfalten auf der Stirn.
?Ich muss meinen Vater treffen und werde euch wahrscheinlich nicht so leicht nach H?hental folgen k?nnen. Meinst du, sollte ich einen Brief an dich abschicke, er bei dir ankommt??
?Ich werde das mit Senan und Kael besprechen. Ansonsten schicken wir jemanden zu dir, vielleicht Lenius??
Nevin nickte, dann zog er eine goldene Münze aus seiner Tasche heraus und legte sie in seine Handfl?che. Eine Krone war darauf zu sehen, oben und unten standen mehrere Initialen. ?Das hier ist ein goldener Pass, der beweist, dass ein Mitglied aus der Kaiserfamilie ihn erlassen hat. Die Person, die ihn tr?gt, bekommt ohne Umst?nde Zutritt in den Palast. Nehmt dies mit, solltet ihr nichts von mir h?ren.? Die letzten Worte kamen nur in einem Flüstern heraus.
Als N?chstes l?ste Nevin einen Beutel von seinem Gürtel, legte die Münze hinein und band ihn um Alinas linke Vorderpfote.
Dann sah er seufzend zu ihr auf. ?Bitte passt gut auf Elyon auf.?
Alina nickte und starrte den Beutel an. Ihre Kehle verengte sich und sie wünschte, er k?nnte hier bleiben und mit ihnen nach H?hental reisen. Das, was sie bis jetzt von seiner Familie mitbekommen hatte, versprach nicht, dass das n?chste Treffen angenehm verlaufen würde.
Nevin l?chelte traurig und hob winkend die Hand.
?Bis bald, hoffentlich.?
Alina starrte ihm und Dilek hinterher, die zu den zwei wartenden Drachen gingen. Schon bald waren sie oben in der Luft und flogen über den riesigen schwarzen Fleck, der sich von dem Drachen in der goldgrünen Steppe ausgebreitet hatte.
Seufzend sah sie sich in der Umgebung um. Alle waren abgeflogen. Lenius hatte auch Thian mit ins Lager genommen. Jetzt musste sie nur noch warten, dann würde auch sie bald aufbrechen. Das seltsame Gefühl von vorhin, verst?rkte sich noch weiter und obwohl Alina eine trockene Kehle hatte, konnte sie sich nicht dazu bewegen, aufzustehen und zu trinken.
Ein Gedanke traf sie mit so viel Wucht, dass sie ihre Pfoten zusammenballte. Aiven. Sie würde ohne Aiven zurückkehren. Nicht mal seine überreste konnte sie zu ihren Eltern bringen. Würde sie ihre Eltern sehen k?nnen? Was würde sie ihnen sagen? Wie konnte sie es ihnen beibringen?
Alinas Augen brannten, ihre Brust und ihre Eingeweiden zogen sich zusammen. Da h?rte sie in der Ferne die Schreie von Feuerv?gel. Auf ihnen sa?en Senan und Cassia, in Begleitung von dem verwandelten Lenius und Gilwa, stand Alina mit zitternden Beinen auf und trank ein letztes Mal, bevor sie Richtung Heimat aufbrach.